Ein Schritt nach vorn und zwei zurück

Der Tagesordnungspunkt 11 der letzten Sitzung des Kreistages beschäftigte sich mal wieder mit der Personenverkehrsgesellschaft mbH Weimarer Land. Bereits in der Sitzung im Juli hatte dem Kreistag eine Vorlage vorgelegen, die massive Streichungen im Angebot der PVG beinhalten sollte. Dabei sollten bei insgesamt 19 Linien über das ganze Kreisgebiet hin einzelne Verbindungen gestrichen werden. Damit sollten die Ausgaben bei der PVG deutlich reduziert werden. Da die Angaben zur Auslastung der Verbindungen nicht eindeutig waren, schickte der Kreistag die Vorlage zur Überarbeitung zurück in die Verwaltung. Gleichzeitig verständigte sich der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr darauf, dass der Kreis die Erarbeitung eines integrierten Verkehrsentwicklungskonzeptes in Auftrag geben solle, das alle Verkehrsarten im Kreis, von Fußgängerverkehr und Radverkehr über den ÖPNV mit Bussen und Bahnen bis hin zum Individualverkehr unter die Lupe nehmen sollte. Diese Beschlussvorlage wanderte mit dem Vorschlag zur Linienanpassung in die Verwaltung, inklusive dem Änderungsantrag der Linksfraktion, bei der Erarbeitung des Konzeptes die Fraktionen durch die Bildung einer Arbeitsgruppe mit einzubeziehen.

Nun lagen die Vorlagen wieder auf dem Tisch. Die Verwaltung hatte den Vorschlag zur Linienanpassung nochmals überarbeitet, doch die dazugehörigen Informationen waren immer noch überschaubar. Nun sollten auf elf Linien Streichungen erfolgen. Dabei sollten etwa 125.000 Fahrplankilometer eingespart werden. Als Angabe über die aktuelle Auslastung der einzelnen Verbindungen war nur „keine Fahrgäste“ zu lesen. Eine Nachfrage ergab dann, dass diese Angabe eine Zahl von null bis zwei Fahrgäste bedeutete. Die finanzielle Ersparnis der Streichungen soll laut Schätzungen der PVG hier übrigens bei 42.000 Euro liegen, eine eher bescheidene Summe in Anbetracht des großen Kostendrucks, dem die PVG unterliegt. Man möchte schon fast vom „Tropfen auf den heißen Stein“ sprechen. Ärgerlich ist hierbei vor allem, dass die sehr geringe Kostenersparnis dennoch auch Ärger verursachen wird, mindestens bei den null bis zwei Fahrgästen, die diese Verbindungen eben doch genutzt haben. Das Angebot auszudünnen, grade im ländlichen Raum ist immer ein falsches Signal. Wir hätten uns zudem etwas mehr Besonnenheit gewünscht, schließlich will die Bundesregierung ja ein bundesweites Nahverkehrsticket einführen, dessen Auswirkungen auf die Fahrgastzahlen noch nicht absehbar sind. Die Erfahrungen aus Juni, Juli und August dieses Jahres haben gezeigt, dass ein kostengünstiger ÖPNV auch im Weimar Land zu Steigerungen der Fahrgastzahlen geführt hat.

Neben den noch nicht absehbaren Folgen des 49-Euro-Tickets hätten man auch die Erarbeitung des integrierten Verkehrsentwicklungskonzeptes abwarten sollen. Hier wird das ganze Netz der PVG eh auf den Prüfstand gestellt und mit ziemlicher Sicherheit neugeordnet. Warum also nun schon mal für Unmut und Unsicherheit sorgen. Wen man nun durch die Linienanpassung als Fahrgast vergrault, wird mit ziemlicher Sicherheit dann nicht zur PVG zurückkehren. Für kurzfristigen Erfolg hat man hier wieder den zweiten Schritt vor dem ersten gemacht und wieder wenig Weitsicht bewiesen. Der Antrag zur Erstellung eines integrierten Verkehrsentwicklungskonzeptes wurde in die Vorlage zur Linienanpassung integriert und konnte deshalb nicht getrennt davon behandelt werden. Über den Antrag der Linksfraktionen die Fraktionen mit der Bildung einer Arbeitsgruppe am Prozess zu beteiligen wurde diskutiert. Landrätin und CDU-Fraktionsvorsitzender Mike Mohring plädierten dagegen. Sie meinten eine solche Arbeitsgruppe wäre ja bereits mit dem Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr gegeben. Dies sah glücklicherweise eine hauchdünne Mehrheit des Kreistages, u.a. auch der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr anders und stimmte für unseren Änderungsantrag. Wenigstens ein kleiner Erfolg.

Mit der Erarbeitung des integrierten Verkehrsentwicklungskonzeptes wird der Kreis gerade beim ÖPNV einen Schritt nach vor machen. Bei der letzten Kreistagssitzung hat er aber vorher zwei Schritte zurück gemacht.

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