Scheinkandidaturen – Ok oder Betrug am Wähler?

Es ist eines der großen Streitthemen vor der anstehenden Kommunalwahl: Sind sogenannte Scheinkandidaturen OK oder ein Betrug an den Wählerinnen und Wählern?

Zur Erklärung: Eine Scheinkandidatur liegt vor, wenn ein gewählter kommunaler Wahlbeamter auf der Liste (s)einer Partei zur Kreistags- oder Stadtratswahl antritt, obwohl er/ sie ein mögliches gewonnenes Mandat gar nicht antreten kann. Ein kommunaler Wahlbeamter, beispielsweise ein Landrat, kann nicht gleichzeitig Abgeordneter seines Kreistages sein. Für den Fall eines gewonnen Mandates muss sie/ er auf das Mandat also verzichten (oder vom Amt zurücktreten).

Diese Praxis wird dazu verwendet, um möglichst viele Stimmen für die Partei zu holen und damit Sitze im Kommunalparlament zu gewinnen. Die kommunalen Wahlbeamten nutzen dabei ihren höheren Bekanntheitsgrad, um Stimmen „zu fangen“. Gesetzlich ist das ganze natürlich vollkommen legal – Es gibt in Thüringen kein Verbot solcher Scheinkandidaturen – aber ist immer alles ok, nur weil es legal ist?

Ich persönlich bin ganz klar gegen diese Praxis, weil sie den Wähler täuscht. Die Kommunalwahlen sind nun mal Personenwahlen. Die Wählerinnen und Wähler können bis zu drei Kreuze bei der Kandidatin/ dem Kandidaten ihres Vertrauens machen. Lehnt diese Person nach der Wahl aber ein Mandat ab, obwohl sie/ er gewählt worden ist, rücken dann andere Kandidat*innen nach, die von den Wählerinnen und Wählern gar nicht favoritisiert worden sind. Dadurch entstehen am Ende Fraktionen in den Kommunalparlamenten, die nicht den Wäherwillen widerspiegeln und das ist am Ende einfach Betrug an den Wählerinnen und Wählern.

Ich weiss, wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Auch wir unterstützen eine solche Scheinkadidatur: In Bad Sulza tritt eine gemeinsame Liste zwischen der SPD und der Linken zur Stadtratswahl an. An der Spitze dieser Liste steht Bad Sulzas Bürgermeister Dirk Schütze (SPD), ein kommunaler Wahlbeamter. Es ist ziemlich klar, dass Dirk nach der Wahl sein Bürgermeisteramt nicht gegen einen Sitz im Stadtrat tauschen wird. Auch er kandidiert nur, um möglichst viele Stimmen und damit Sitze für die künftige Stadtratsfraktion zu holen. Dies ist selbst bei uns umstritten. Einige ärgern sich darüber, andere meinen, dass man dieses Mittel solange nutzen sollte, wie es möglich ist. Gerade, um dadurch eine gewissen Chancengleichheit herzustellen. Sie sehen in der Tatsache, dass Parteien wie die CDU und die SPD diese Praxis fast ausnahmslos nutzen, einen Nachteil, wenn wir diese dann nicht auch anwenden.

Hier gehen die Meinungen wirklich sehr weit auseinander. Im Ilm-Kreis beispielsweise tritt Landrätin Petra Enders nicht für die Kreistagswahl an. In Eisenach tritt Oberbürgermeisterin Katja Wolf für die Linke als Spitzenkandidatin an. DIE LINKE. überlässt die Entscheidung über das Nutzen von Scheinkandidaturen jeder einzelnen Struktur und am Ende auch jeder Kandidatin/ jedem Kandidaten selbst. Richtig zufrieden, wird am Ende aber niemand wirklich sein. Deswegen sollte die künftige Landesregierung dieser Praxis endlich einen Riegel vorschieben. Dann hören die Diskussionen auch endlich auf.

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