Warum das Weimarer Land weiter auf den VMT setzen sollte

Wie ein roter Faden zog sich das Thema ÖPNV in Gestalt der Personenverkehrsgesellschaft mbH Weimarer Land (PVG) durch die letzten Sitzungen des Kreistages Weimarer Land.

Den Anfang machte ein Dringlichkeitsantrag der Landrätin Christiane Schmidt-Rose (CDU) über eine Überbrückungshilfe an die PVG. Diese wartete auf die Auszahlung einer Coronahilfe des Landes und war in einen Liquiditätsengpass geraten. Der Kreis sollte bis zur Auszahlung der Gelder aushelfen. Dies brachte nun Ex-Landrat Hans-Helmut Münchberg (FWW/BI) auf den Plan. Dieser sprach der Vorlage die Dringlichkeit ab und warf der Geschäftsführung Missmanagement vor. Der Dringlichkeitsantrag bekam »Dank« der Weigerung von FWW/BI und AfD nicht die nötige Zweidrittelmehrheit und wurde deswegen nicht auf die Tagesordnung genommen. Hätte die Landrätin nicht per Eilentscheid das notwendige Geld der PVG zukommen lassen, hätte die Gesellschaft die Löhne für November nicht zahlen können. Machtspiele und Populismus auf Kosten der Beschäftigten. Übrigens: Das Geld vom Land kam dann wenige Wochen später und die PVG zahlte die Überbrückungshilfe an den Landkreis zurück.

Es ging in der gleichen Sitzung direkt weiter. Im Zuge der Beratungen zum Haushalt des Landkreises für das Jahr 2022 wurden die Zuschüsse an die PVG thematisiert. Diese sollten um knapp 550.000 Euro steigen. Dies ist viel Geld, keine Frage, aber es lagen auch ein paar wichtige Gründe vor: Neben den gestiegenen Kosten für Personal und Diesel, werden im Jahr 2022 auch 350.000 zusätzliche Fahrplankilometer durch die PVG gefahren. Hauptgrund dafür ist die Übernahme der Linie 152 von Erfurt über das Grammetal nach Weimar, eine wichtige Strecke, die die gesamte Landgemeinde besser an das Umland anschließen soll. Die Übernahme der Linie der Erfurter Verkehrsbetriebe hatte der Kreistag mehrheitlich beschlossen. Eigentlich sollte jedem klar sein, wer mehr bestellt, muss auch mehr zahlen. Manchen bei AfD und FWW/BI scheint das aber nicht einzuleuchten. Sie plädierten mehrfach für Kosteneinsparungen, welche aber nur mit Streichungen von Linien einhergehen könnten und warfen dem Kreistag vor, beim ÖPNV Steuergelder zu verschwenden. Da stellt sich doch die Frage, wofür man öffentliche Gelder sonst verwenden sollte, wenn nicht für die öffentliche Daseinsvorsorge, beispielsweise beim ÖPNV. Der Kreistag verabschiedete mehrheitlich die Haushaltssatzung mit den erhöhten Zuschüssen für die PVG.

Aber es ging immer noch weiter. Auf der Tagesordnung stand nun ein neues Vertragswerk des Verkehrsverbund Mitteldeutschland (VMT). Das alte musste an die neuen gesetzlichen Bestimmungen angepasst werden. Zudem wurde ein für den Landkreis wichtiger Teil verändert, der sich auf die prozentuale Verteilung von Geldern des VMT bezog. Hier wurde eine Ungleichbehandlung der Verkehrsunternehmen im ländlichen Raum im Vergleich zu denen aus den großen Städten korrigiert. Die PVG würde so etwa 100.000 Euro jährlich mehr vom VMT erhalten. Eigentlich eine feine Sache, doch Münchberg passte das nicht. Erneut trat er ans Mikrofon. Diesmal forderte er die Landrätin auf, sie solle die Chance nutzen und aus dem VMT aussteigen. Er warf dem VMT Habgier vor. Die Verträge mit dem VMT seien »Knebelverträge« und der Landkreis würde ohne ihn deutlich günstiger fahren. Trotz dieser Ergüsse wurde das neue Vertragswerk mehrheitlich angenommen.

Im März stand dann eine Tarifanpassung des VMT auf der Tagesordnung. Hier sollte relativ moderat an der Preisschraube gedreht werden. Machen wir uns nichts vor, die Kosten steigen und steigen. Die Verkehrsunternehmen leiden gewaltig unter den hohen Energie- und Dieselpreisen. Dass sich da der VMT Gedanken machen muss, wie man die Umsätze erhöht, ist ganz logisch. Dass die Entscheidungsträger:innen beim VMT dabei aber leider immer wieder auf die scheinbar einzige Lösung »Preiserhöhungen« kommen, ist mehr als ärgerlich. Denn mitnichten sind Preiserhöhungen das einzige Mittel, um die Einnahmen im ÖPNV zu steigern. Beispielsweise sah man vor, die Einzelfahrt im Citytarif von 2,20 Euro auf 2,30 Euro zu erhöhen. Was bedeutet das in der Praxis? Um den Fahrpreis einer Einzelfahrt zusätzlich einzunehmen, benötigt man 22 Fahrgäste. Zum gleichen Ergebnis kommt man aber auch mit einen zusätzlichen Fahrgast. Mit der Gewinnung neuer Fahrgäste erzielt man also ebenfalls höhere Einnahmen. Man sollte also vielmehr das Augenmerkt auf die Verbesserung der Angebote des ÖPNV, auf Service und Kundenzufriedenheit legen, um damit neue Fahrgäste zu gewinnen. Dies ist effektiver und nachhaltiger. Mit ständigen Erhöhungen vergrault man Fahrgäste und gibt den Kritikern und Populisten noch mehr Wasser auf deren Mühlen.

Apropos Populisten. Natürlich ließ es sich Münchberg nicht nehmen, auch zu dieser Vorlage zu sprechen und gegen den VMT zu wettern. Dem VMT beizutreten sei „die schlechteste Entscheidung“ gewesen, die der Kreistag je getroffen habe. Leider scheint er dabei zu vergessen, dass sich der VMT einst gründete, um den hohen Zahlen an Pendler:innen zwischen Apolda, Weimar, Jena und Erfurt entgegenzukommen. Diese profitieren nämlich bis heute vom einfachen Ticketsystem im VMT. Anstelle im Tarif- und Ticketdschungel zu verirren, reicht ein Ticket für die gesamte Strecke von zu Hause bis zur Arbeitsstelle, unbürokratisch und kostensparend. Mit Hilfe der Fahrplan-App des VMT, die sich die PVG allein nie hätte leisten können, kann man einfach seine Fahrten planen. Der VMT ist vor allem für die Fahrgäste nützlich und leistet damit seinen Beitrag, dass mehr Leute ÖPNV fahren. Der richtige Weg heißt mehr VMT, nicht weniger, bis hin zu einem Verkehrsverbund für ganz Thüringen.

Münchberg selbst kündigte an, dass seine Fraktion demnächst einen Antrag auf Austritt aus dem VMT stellen werde. Bleibt zu hoffen, dass die Fraktion damit genauso wenige Kreistagsmitglieder überzeugen kann, wie bei den bisherigen Ergüssen am Redner:innenpult.

Ich wünsche mir für die Zukunft mehr Mut und mehr Kreativität bei den Entscheidungsträger:innen im VMT. Der Ausbau des ÖPNV ist ein entscheidender Schritt für die Verkehrswende. Bund und Land müssen hier mehr unterstützen, gerade in der aktuell schwierigen Situation. Man sollte die hohen Preise für Diesel und Energie auch als Chance begreifen, jetzt massiv in den ÖPNV zu investieren.

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