Warum ich dem Kreishaushalt 2023 nicht zustimmen konnte

Donnerstag war eine lange, schwierige und sehr deprimierende Kreistagssitzung. Auf der Tagesordnung stand der Kreishaushalt für das Jahr 2023. Angesichts der schwierigen Lage war der Vorschlag der Verwaltung durchaus in Ordnung. Doch was sich dann während der Kreistagssitzung abspielte, war ein einziges Trauerspiel.

Der ursprüngliche Haushaltsentwurf aus dem Sommer letzten Jahres sah deutlich erhöhte Ausgaben vor. Vor allem die hohen Energiepreise machten dem Landkreis zu schaffen. Daraus resultierte eine deutliche Anhebung der Kreisumlage, also den Geldern, die die Kommunen (Städte und Gemeinden) des Landkreises an den Kreis zahlen müssen, damit dieser die ihm übertragenen Aufgaben erfüllen kann. Dies sind unter anderem die Schulen, der ÖPNV oder auch das Kreiskrankenhaus (und noch viele, viele andere Dinge). Der Hebesatz sollte auf 45,567 Prozent steigen. Zum Vergleich: 2021 lag der Hebesatz bei 39,379 Prozent und 2022 bei 39,849 Prozent. Dies hätte eine heftige Belastung für die Kommunen dargestellt. Natürlich barmen die Bürgermeister:innen immer immens, wenn es um die Kreisumlage geht, hier hätten sie aber durchaus recht gehabt. Die hohen Abgaben an den Landkreis hätten die eigene Handlungsfähigkeit, gerade im Bezug auf Investitionen, deutlich reduziert. Aus diesem Grund wurde der Haushalt für 2023 diesmal auch nicht wie sonst üblich im November beschlossen, sondern stand erst jetzt auf der Tagesordnung.

In der Zwischenzeit hat sich die Lage auf dem Energiemarkt wieder etwas entspannt. Der Landkreis konnte neue Verträge mit den Energielieferanten abschließen und die Preise steigen nicht so stark wie befürchtet. Außerdem soll auch etwas mehr Geld vom Land für die Unterbringung von Geflüchteten kommen. Deshalb gab es einige Änderungsanträge der Kreisverwaltung zum ursprünglichen Haushaltsentwurf. Diese sollten zur Folge haben, dass der Hebesatz für die Kreisumlage deutlich gesenkt werden konnte, nämlich auf 40,296 Prozent. Dies ist ein Anstieg um 0,447 Prozentpunkte zum Haushalt von 2022 und damit ein geringerer Anstieg im Vergleich von 2021 auf 2022. Da waren es 0,47 Prozentpunkte. Im Anbetracht der doch sehr starken Herausforderungen, vor denen der Landkreis aktuell steht, ein vernünftiger und moderater Anstieg.

Diese sahen die Kolleginnen und Kollegen (hauptsächlich Kollegen) von CDU, SPD und FWW/BI offenbar anders. Die 40-Prozent-Marke beim Hebesatz für die Kreisumlage wird immer wieder als „Magische Grenze“ betrachtet, die angeblich nicht überschritten werden sollte. Sie wird behandelt wie ein Sakrileg. Also reichten die Fraktionen der CDU (gemeinsam mit der Gruppe der FDP) und die FWW/ BI eine Menge Änderungsanträge ein, mit denen noch mehr gespart werden sollte. Ziel war eine weitere Senkung der Kreisumlage. Als Hauptangriffspunkt sah man die Pläne der Kreisverwaltung neue Stellen zu schaffen, mit denen man eigentlich die Verwaltung entlastet wollte. Diese ist durch Personalnot und eine ständig wachsende Aufgabenfülle an ihrer Grenze, in vielen Fällen bereits deutlich darüber. Lange Wartezeiten bei der Bearbeitung von Anträgen, Überstunden, ein sehr hoher Krankenstand, Überlastungsanzeigen und sogar Kündigungen der Mitarbeiter:innen sind die Folge. Eine Entlastung des Personals ist eigentlich dringend geboten. Das sahen die Antragsstellenden offenbar anders. Reihenweise wurde Änderungsanträge zur Streichung von Stellen gestellt. Anstelle sollen 250.000 Euro (!!!) für einen externen Gutachter ausgegeben werden, der die Struktur der Verwaltung unter die Lupe nehmen und dem Kreistag Vorschläge für Umstrukturierungen, Umbesetzungen und mögliche neue Stellen machen soll. Bis dieses Gutachten erstellt worden ist, sollen keine neuen Stellen geschaffen werden.

An sich ist ein solches Gutachten ja durchaus sinnvoll und wenn die Kreisverwaltung dazu selbst nicht in der Lage zu sein scheint, dann von mir aus auch über einen externen „Experten“. Es wurde in der Vergangenheit häufiger nach einem Personalentwicklungskonzept gefragt, wirklich vorgelegt hat es die Kreisverwaltung bisher aber nicht. Wenn so ein Gutachten unbedingt 250.000 Euro kosten soll, dann ist das halt so. Bis zur Erstellung aber auf die Schaffung neuer Stellen verzichten zu wollen, ist verantwortungslos. Die Vorbereitung einer Ausschreibung für dieses Guthaben wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Ausschreibung selbst muss europaweit erfolgen und dauert acht Monate, das heisst, selbst optimistisch gerechnet, beginnt der Gutachten mit seiner Arbeit nicht mehr in diesem Jahr. Bei 250.000 Euro Honorar, erwarte ich auch, dass dieser nicht nur drei Stunden dafür benötigen wird. Also selbst wenn wir den Kreishaushalt 2024 so spät wie in diesem Jahr verabschieden werden, wird das Gutachten zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorliegen. Nach dem Plan von CDU und FDP gibt es also frühestens zum Haushalt 2025 eine Möglichkeit neue Stellen im Landratsamt zu schaffen. Bis dahin soll unser ohnehin schon am Limit arbeitenden Verwaltungsangestellten als mal einfach „durchhalten“. Vielleicht können wir ja als Trost ab sofort vor jeder Kreistagssitzung eine runde für die Verwaltung klatschen. Das war ja schon beim Ausbruch der Coronakrise das „richtige Mittel“, um den Pflegenden unsere Anerkennung zu zeigen. Machen wir uns nichts vor, dies wird nicht gut gehen. Bei einigen der übriggebliebenen neuen Stellen wurde zudem auf eine Befristung bestanden. Damit wird es deutlich schwerer sein, geeignetes Personal zu finden. Mit prekärer Arbeit lockt man heutzutage einfach keine Fachkräfte mehr, vor allem, wenn andere Verwaltungen deutlich bessere Arbeitsbedingungen bieten.

Natürlich gingen die meisten Änderungsanträge durch und oh Wunder, oh Wunder, der Hebesatz der Kreisumlage sank weiter, unter die „Magische Grenze“ auf 39,938 Prozent, ein Geschenk an alle Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Landkreis, von denen ja sehr viele ein schwarzes Parteibuch besitzen. Geschenke, die auf dem Rücken der Mitarbeitenden der Verwaltung gemacht werden, denjenigen, denen man in den Reden immer wieder für ihre tolle Arbeit dankt, denjenigen, denen man mit solchen Aktionen einfach nur ins Gesicht spuckt. Widerliche Klientelpolitik.

Obwohl die Verabschiedung des Kreishaushalts immens wichtig ist, weil erst mit einem genehmigten Haushalt der Kreis notwendige Investition ausführen und Zuschüsse an Vereine und Verbände auszahlen kann, haben wir uns entschieden, diesem Haushalt so nicht zustimmen zu können. Zu falsch ist die Entscheidung, die Kreisumlage künstlich niedrig zu halten und der Verwaltung so in den Rücken zu fallen. Es ist das erste Mal in meiner Zeit als Kommunalpolitiker, dass ich einem Haushalt nicht zugestimmt habe. Dies war bisher weder im Kreistag Weimarer Land, noch im Stadtrat Apolda nötig. Diesmal ging es nicht anders und es stimmt mich endlos traurig.

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